So sollten Sie im Brandfall reagieren

Kommandant Stefan Klein, Vorsitzender Michael Kolmeder und stellvertretender Kommandant Stefan Fischer

Geschätzt 200.000 Wohnungsbrände gibt es pro Jahr in Deutschland, das heißt, alle zwei Minuten entzündet sich irgendwo ein Feuer. Die Brandkatastrophe in Reisbach, bei der vier Menschen ihr Leben verloren, zeugt von der Bedrohlichkeit dieser Situation. Aber wie sollte man sich im Ernstfall verhalten? Was ist richtig – was kann gefährlich werden? Die Heimatzeitung sprach mit Vorstandsmitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr Dingolfing über das Reagieren im Brandfall.

Entzündet sich in der Wohnung ein brennbarer Stoff durch eine Zündquelle entsteht zunächst ein Schwelbrand. „Das Feuer entwickelt sich in den ersten fünf bis zehn Minuten zunächst langsam. Nach diesem Zeitpunkt steigen Hitze und Rauch aber exponentiell schnell an“, so FF-Vorsitzender Michael Kolmeder. Daher bleiben, wenn der Rauchmelder Alarm schlägt, in der Regel nur 120 Sekunden, um sich und andere in Sicherheit zu bringen.

Wenn man Rauch oder Feuer sieht

Beobachtet man als Passant aufsteigenden Rauch oder Feuer aus einem Gebäude, sollte als erstes der Notruf verständigt werden. Ist man ortsunkundig, sollte man eine Person finden, die genauere Informationen zur Adressbeschreibung geben kann. Ist dies nicht möglich, kann die Notruf-Leitstelle die Ortung des anrufenden Handys veranlassen. Danach sollte man die Bewohner durch Türläuten und lautes Rufen warnen und dann auf das Eintreffen der Einsatzkräfte warten. Wichtig ist, niemals in ein verrauchtes Gebäude zu gehen, um Versuchen zu helfen – denn durch die bestehenden Rauchgase kann schnell das eigene Leben in Gefahr geraten.

Ist man unsicher, ob eine Situation tatsächlich gefährlich ist, sollte man dennoch den Notruf wählen. „Beispielsweise wenn der Rauchmelder beim Nachbarn angeht, dieser die Tür nicht öffnet und man nicht einschätzen kann, ob es sich um einen Fehlalarm oder einen tatsächlichen Brandfall handelt. Lieber einmal mehr anrufen, als einmal zu wenig“, so Michael Kolmeder.

Es brennt in der Wohnung oder davor

Handelt es sich um eine verhältnismäßig kleine Brandsituation, kann man zunächst versuchen, diese zu löschen. Hat der Brandherd bereits ein größeres Ausmaß angenommen, sollte man sich umgehend vom Feuer und vom Rauch entfernen. Dabei sollten keine Sach- oder Wertgegenstände mitgenommen werden, außer sie sind gesundheitsrelevant, wie beispielsweise ein Asthma-Spray oder eine Jacke im Winter. Entscheidend ist, beim Verlassen der Wohnung sämtliche Türen hinter sich zu schließen – dadurch kann sich das Feuer weniger schnell ausbreiten und verzögert das Übergreifen auf andere Wohnungen und Geschosse. Ferner sollte man weitere Hausbewohner warnen, sich dann umgehend ins Freie begeben, einen Notruf absetzen und auf die Einsatzkräfte warten.

Wenn ein Fluchtweg versperrt ist

Was aber tun, wenn es direkt vor der Wohnungstür brennt und der Fluchtweg über das Treppenhaus durch Rauch nicht mehr einsehbar ist? „Dann gilt es nicht um jeden Preis aus der Wohnung herauszukommen. Sicherer ist es, die Haustür zu versperren und weitere Personen, die sich in der Wohnung befinden, zu warnen. Anschließend den Notruf informieren und sich in einem sicheren Raum mit Fenstern zu verbarrikadieren. Vom Fenster aus sollte man sich laut bemerkbar machen und warten bis Hilfe eintrifft. Wenn es die Situation zulässt, sollte die Haus- und Zimmertür mittels feuchter Decken oder Handtüchern abgedichtet werden“, so Michael Kolmeder.

Wann kommt Hilfe?

Die sogenannte Hilfsfrist ist im Bayerischen Feuerwehrgesetz mit 8,5 Minuten festgelegt. Dabei gilt die Minutenangabe ab dem Zeitpunkt, an dem die Leitstelle, die den Notruf entgegennimmt, die zuständigen Einsatzkräfte alarmiert hat. „Möglich ist dieser kurze Zeitraum, weil die Feuerwehren in Bayern flächig strukturiert sind“, so Stefan Klein. Wichtig für die eintreffenden Einsatzkräfte sind die Informationen von unversehrten Beteiligten. Denn diese können genauere Beschreibungen zum Gebäudegrundriss, dem Brandgeschehen und der Anzahl der Bewohner geben, die für den nachfolgenden Einsatz wertvoll sind.

Wenn Angst und Panik ausbrechen

Auch wenn es schwierig ist, gilt es in einem Brandfall Ruhe zu bewahren. Dennoch wenn eine Situation lebensbedrohlich erscheint, kann es zu Angst- und Panikreaktionen kommen, die die Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigen. Lässt sich dagegen etwas tun?

„Setzen solche Reaktionen ein, lässt sich in dem Moment kaum etwas dagegen unternehmen. Was im Vorfeld hilft, solche Situationen geistig einmal durchzuspielen. Sich zu fragen, was mache ich, wenn es tatsächlich in meiner Wohnung brennt? Welche Fluchtwege gibt es? Was tue ich, wenn einer der Fluchtwege versperrt ist? Gibt es einen Feuerlöscher im Haus und ist der einsatzbereit – kann ich den Löscher bedienen? Im Ernstfall bleibt nämlich keine Zeit die Anleitung zu lesen“, so Michael Kolmeder. Stefan Klein ergänzt: „Feuerlöscher sollten auch alle zwei Jahre geprüft werden. Denn ein veralteter, ungeprüfter Feuerlöscher ist nicht mehr funktionstüchtig“. Stefan Fischer rät zudem, die Notrufnummern auf Kurzwahl zu speichern und einen Zettel mit dem eigenen Namen und der Adresse neben dem Telefon zu hinterlegen „Es mag zunächst banal klingen, aber wenn Panik aufkommt, dann sind entscheidende Informationen teilweise vom Gehirn nicht mehr abrufbar“, so der stellvertretende Kommandant.

Gefahren

Neben der Hitze des Feuers ist besonders der entstehende Brandrauch gefährlich. Schon geringe Mengen reichen aus, um eine Rauchgas- beziehungsweise Kohlenmonoxidvergiftung herbeizuführen, die nach wenigen Atemzügen bereits zur Bewusstlosigkeit führt. „Gelangt das Kohlenmonoxid über die Lunge in den Blutkreislauf, wird die Sauerstoffzufuhr im Blut verhindert. Dann hilft auch die Zufuhr von 100-prozentigem Sauerstoff nichts mehr, da das System blockiert ist. Die einzige Chance für Betroffene ist dann nur die Verlegung in eine Druckkammer – die nächstgelegenen Standorte dafür sind in Nürnberg oder München. Die Person muss dann schnellstmöglich mit dem Rettungshubschrauber dorthin geflogen werden“, so Stefan Fischer.

Der Brandrauch steigt zunächst immer nach oben, sammelt sich dort und verdrängt zunehmend den Sauerstoff. „Daher sollte man sich in einer verrauchten Umgebung in Bodennähe begeben und sich auf allen Vieren vorwärts bewegen, da hier die Sauerstoffkonzentration am höchsten ist. Bei einem Brand sollte man es vermeiden, sich aufs Dach zu retten, denn je höher man sich bewegt, umso geringer wird die Sauerstoffkonzentration. Die Ausnahme davon ist, wenn das Dach den einzigen Fluchtweg darstellt, da der Brand in unteren Stockwerken ausgebrochen ist“, hält Michael Kolmeder fest.

Quelle: Idowa

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